In einer dreiteiligen Serie stelle ich euch meine Eindrücke und Gedanken zum Thema Selfie & Selbstbildnis vor. Los geht’s mit drei wesentlichen Erkenntnissen und einer coolen Selfie-Aktion, bei der ihr auch mitmachen könnt! Im zweiten Post erfahrt ihr spannende Details über Bilder von Ai Weiwei und lernt eine ganz andere (schwarze) Seite des Selfies kennen. Zum krönenden Abschluss gehe ich auf die wichtigsten Selbstbildnisse der Ausstellung ein und schildere euch meine Eindrücke vom Tweetup, das diese kleine Post-Serie inspiriert hat.
Und hier kommt auch schon der erste Part.
Selfies & Selbstbildnisse – Shares, Likes & Comments
Ich nehme euch mit in die Ausstellung Ich bin hier! Von Rembrandt zum Selfie. Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe nimmt sich darin der Entwicklung künstlerischer Selbstbildnisse in den letzten vier Jahrhunderten an. Das Spannende ist: Wir erfahren nicht nur Etwas über die Geschichte von Selbstbildnissen, ihre komplexen Aussagen und unterschiedlichen Stile; wir erfahren auch Etwas über uns, über die Zeit in der wir leben; darüber wie selbstverständlich uns bestimmte Entwicklungen erscheinen, so als ob sie immer schon dagewesen wären. So wird uns z. B. klar, dass das Selfie wie wir es heute definieren, tatsächlich erst seit wenigen Jahren überhaupt eine Rolle spielt. Warum? Schnell und einfach Bilder von sich selbst zu machen war doch bereits seit Erfindung der Kamera potentiell möglich. Warum hat es dennoch niemand gemacht? Ganz einfach, weil erst seit der Verbreitung von internetfähigen Smartphones (mit Front- und Rückkamera) Bilder nicht nur einfach erzeugt und währenddessen bereits kontrollierend betrachtet, sondern auch schnell (fast live) geteilt werden können.
Das Bild für sich genommen ist nicht das eigentlich Wichtige – im Fluss der Bilderflut verschwindet es meist so schnell wie es aufgetaucht ist – sondern unser Bedürfnis uns mitzuteilen. Es ist doch so, wenn wir ein Foto entwickeln (bzw. ausdrucken) und es danach in einer Schublade verstauen, dann haben wir erstmal nicht allzu viel davon. (Höchstens Jahre später, wenn es nostalgische Erinnerungen weckt…) Schön, wird es doch erst, wenn wir das Bild zur Hilfe nehmen, um zum Beispiel Freunden von unseren Erlebnissen im Urlaub zu berichten. Wir zeigen es und erklären Etwas dazu. Selfies funktionieren im Grunde auch so.
Das Phänomen hat also weniger mit einer selbstverliebten und egozentrischen Generation zu tun, als mit dem tiefen menschlichen Bedürfnis nach direktem Austausch, Zugehörigkeit, sozialer Nähe und Anteilnahme.
Weil wir aber meist nicht neben unserem Gegenüber sitzen und ihm ergänzende Bemerkungen machen können, muss die wichtigste Aussage direkt ins Bild gepackt werden! Das geht natürlich am besten über unsere Mimik. Eine gewisse Nähe zwischen Selfies und Emojis verwundert deshalb nicht. Es gibt sogar eine Rückwirkung in dem Sinne, dass Emojis unsere Selfie-Posen beeinflussen, um eine globale Sprache zu nutzen. Die Inszenierung des Selfies dient also nicht nur dazu sich selbst ins rechte Licht zur rücken, sondern auch zur Betonung einer bestimmten Aussage. Hier findet ihr mehr zum Thema. 😜 😃 😘
☆ QUINTESSENZ
- Schnelle Teilbarkeit ist Vorraussetzung für die Entwicklung des Selfies
- If it cares it shares → If I care I share
- Weltweit verständliche Emojis beeinflussen Selfies
FLICK_EU – Reanimation des Fotoautomaten
Erinnert ihr euch noch daran, wie ihr mit der besten Freundin kichernd im Fotoautomat saßt und witzige Grimassen gezogen habt? Bevor ihr die Ausstellungsräume in der Kunsthalle betretet wartet bereits eine schmale weiße Box mit Vorhang auf euch (die ein oder andere kennt sie vielleicht bereits aus dem ZKM, wo sie normalerweise als FLICK_KA steht). In der Box könnt ihr euch fotografisch austoben und nochmal das nostalgische Feeling von damals genießen. Aber Achtung (!) die Fotos stehen nicht wie früher nur zum Mitnehmen fürs Portmonnaie bereit. Sie werden automatisch in eine virtuelle Bügergalerie hochgeladen. Ob, und mit welcher Pose man darin erscheinen möchte steht natürlich jedem frei. Schaut mal hier rein, vielleicht kommt euch das ein oder andere Gesicht bekannt vor.
Der Besucher der Porträtaustellung wir selbst porträtiert und so Teil der Ausstellung.
Was mir sehr gut gefällt: Die Projektidee wird bereits am Ende des Ausstellungsrundgangs eingelöst, denn dort findet ihr eine interaktive Video-Installation. Einmal davor gestellt wird automatisch ein Bild vom Besucher angefertigt (dieses wird nicht dauerhaft gespeichert). Das Besondere ist; es setzt sich aus den zuvor im Fotoautomat geschossenen Bildern aller Besucher zusammen. So schnell wie es erzeugt ist fällt es dann auch wieder in seine Einzelteile auseinander. Ein schöner Abschluss, der einem die Ambivalenz von Einzigartigkeit und massenhaftem Phänomen des Selfies eindrücklich vor Augen führt. Außerdem macht es Spaß es selbst auszuprobieren und die Besucher zu beobachten, wie sie das Entstehen und Verblassen ihres Abbildes erleben.
Morgen folgt schon der nächste Post. Ich gehe auf Werke eines aktuell sehr angesagten Künstlers und ein neues Phänomen der Selfie-Kultur ein! Stay tuned! :-)
2 Comments
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